Dienstag, 29. September 2009

Der erste Brief.

Seelenverwandter,

ich weiß gar nicht mehr, wann ich dir den ersten Brief schickte, es ist schon so lange her.

Zugegeben, ich weiß es noch ganz genau.

Es hatte geregnet und die Tintenpatrone meines Füllers lief aus. Das ganze Blatt war übersäht von Tintenflecken. Und von Tränen. Aber ich wollte, dass der Brief etwas Besonderes ist. Er sollte perfekt sein! Ich brauchte genau Acht Versuche. Dann hatte ich ihn fertig: Den ersten Brief.

Doch es war kein schlichter Brief. Es war der Anfang unserer Beziehung. Unser Anfang.

Ich faltete das Blatt ganz akkurat und legte es in den Umschlag. Ganz vorsichtig schloss und beschriftete ich ihn.

Wie etwas endlos Kostbares hielt ich den Umschlag fest um meine Brust gedrückt. Er durfte auf keinen Fall nass werden, als ich durch den Regen lief. Aber es gab noch einen Grund. Der Umschlag, der für mich unsere mögliche Zukunft symbolisierte, musste so nah an meinem Herzen sein, wie es nur möglich war.

Eigentlich wollte ich nicht, dass du je davon erfährst. Ich fand es zu peinlich. Ein junges Mädchen, das so verliebt ist, dass es den gleichen Brief acht mal abschreibt und ihn dann behandelt, als ginge es um eine lebenswichtige Medizin. – Aber jetzt. Jetzt möchte ich, dass du davon weißt. Du sollst wissen wie wichtig du mir warst. Wie wichtig du mir bist.

Du bist meine lebenswichtige Medizin.


Melissa

Louis saß auf dem alten, grünen und schon längst ausgesessenen Sofa. Er legte Melissas Brief auf den Tisch neben dem Karton und stützte seine Ellbogen auf seine Oberschenkel. Er nahm sein Gesicht in die Hände und dachte nach.





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